Ein unliebsames Ereignis zieht in der Regel unmittelbare Schuldzuweisungen nach sich. Anders ist es im Konflikt um die Ukraine auch nicht.

Da gibt es zum einen den Altkanzler, der offenbar Freundschaft und Politik nicht trennen und persönliche Fehler nicht eingestehen kann. Wandel durch Annäherung, eine Formel, der nicht nur Gerhard Schröder aufgesessen ist. Von Willi Brandt bis zu Angela Merkel reicht die Kette der politischen Kompromisse, die uns erpressbar gemacht haben. Erdgas und Öl, also Energie, heißt die Zauberformel, der die politische Vernunft untergeordnet wurde. Aber ist das der wirkliche Grund und nicht nur ein Symptom?

Blicken wir in die Vergangenheit und auf die großen Zäsuren des vergangenen Jahrhunderts. Da gab es den Sieg der Alliierten über Hitlerdeutschland und die Chance, einer neuen Weltordnung. Leider ließ man viel Zeit verstreichen ohne klare Verhältnisse zu schaffen und wurde in einer Welt wach, die ein eiserenere Vorhang trennte. Auf der einen Seite die sogenannte freie westliche Welt und auf der anderen die totalitär regierten kommunistischen Staaten. Es sollte mehr als vierzig Jahre dauern, bis sich der Westen in einem irrsinnigen Wettrüsten durchsetzte und die kommunistische Welt implodierte.

Und wieder bot sich die Chance, eine neue und bessere Welt zu schaffen. Und wieder wurde sie vertan. Moralische und ökonomische Überlegenheit führten nicht dazu, es dieses Mal klüger und vor allem besser zu machen. Es scheint eine Gesetzmäßigkeit des Kapitalismus zu sein, sich sofort dem „Geld verdienen“ zuzuwenden, sobald man einen vermeintlich entscheidenden Vorteil errungen hat.

Man hätte Russland mit Leichtigkeit in den frühen 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts in unser westliches System integrieren oder als militärischen und politischen Faktor ausschalten können. Wie 1945 tat man es jedoch nicht und legte die Saat, die jetzt aufgegangen ist und die uns daran hindert, die wirklich drängenden Probleme wie den Klimawandel oder der sich in der Globalisierung verzettelnden Wirtschaft anzunehmen.

Es bleibt nur zu hoffen, dass wir glimpflich aus der Sache herauskommen und es das nächste Mal besser machen.

In diesem Sinne

Ihr/euer Michael Kuhn