Der Untergang des Römischen Reiches

Ausstellung der Trierer Museen vom 25. Juni bis 27. November 2022

Landesmuseum Trier

Die Ausstellung des Landesmuseums Trier, des Stadtmuseums Simeonsstift und des Museums am Dom Trier zeigt in beeindruckender Ausführung die Stationen des Niedergangs der römischen Staatlichkeit und das Weiterleben der antiken Strukturen unter den germanischen Nachfolgestaaten im Frühen Mittelalter.


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Das Rheinische Landesmuseum Trier, das Stadtmuseum Simeonstift Trier und das Museum am Dom Trier präsentieren vom 25. Juni bis 27. November 2022 die große Landesausstellung „Der Untergang des Römischen Reiches“. In drei Museen, 31 Ausstellungssälen und auf insgesamt 2 000 m2 sollen für Besucherinnen und Besucher mehr als 700 Exponate aus den eigenen Sammlungen sowie von über 130 nationalen wie internationalen Museen und Institutionen aus 20 Ländern zu sehen sein. Auf Grundlage neuster Forschungsergebnisse der Archäologie und Altertumswissenschaften entsteht eine bisher einzigartige Ausstellung zum Zerfall und zum Erbe des Römischen Imperiums.

Niemals zuvor wurde dem Untergang des Römischen Reiches eine derart umfassende Ausstellung gewidmet. Es entsteht eine spannende Schau zur allgemein noch wenig beachteten Zeit des Imperium Romanum im 4. und 5. Jahrhundert.

Zu diesem Zeitpunkt existierte das Römische Imperium bereits über Jahrhunderte, es umfasste auf seinem Höhepunkt ein riesiges Gebiet. Was führte zum Niedergang des gewaltigen Reiches, was waren die Vorboten des Zerfalls? Was geht beim Untergang verloren und was ist das Erbe? Die Sonderausstellung will die komplexen Zusammenhänge der Zeit herausarbeiten und sichtbar machen.

Blutige, innerrömische Machtkämpfe zwischen den rechtmäßigen Kaisern und ihren Widersachern sind wichtige Faktoren des Niedergangs, die aber nicht alleine das Ende besiegeln. Auch der schleichende Verlust der kaiserlichen Zentralgewalt und das wechselvolle Verhältnis zwischen Barbaren und Römern sowie der Aufstieg machthungriger „Warlords“ sind verhängnisvolle Entwicklungen.

Das spätantike Imperium

Der chronologische Ausstellungsparcours im Rheinischen Landesmuseum beginnt mit der Einführung in das spätantike Imperium um die Mitte des 4. Jahrhunderts. Nach umfassenden Reformen strukturell, wirtschaftspolitisch, verwaltungstechnisch und militärisch gewandelt, erscheint das Römische Reich mächtig und prachtvoll.

Das Imperium wird nun von mehreren Kaisern gemeinsam regiert. Mit der Verteilung der Machtzentren auf verschiedene Regierungsorte und der damit einhergehenden Dezentralisierung verliert das jahrhundertalte politische Zentrum Rom zunehmend an Bedeutung. Neben Mailand, Konstantinopel und Sirmium wird auch Trier zur Kaiserresidenz. Ihrem neuen Status gemäß wird die Stadt mit prächtigen Bauten ausgestattet und erlebt eine wirtschaftliche Blüte.

Konflikte und Konfrontationen

Bedeutung, Einfluss und Macht des Militärs wachsen in der Spätantike stetig an. Blutige Auseinandersetzungen und Bürgerkriege prägen das ausgehende 4. und beginnende 5. Jahrhundert. Anlässe sind meist machthungrige Gegenkaiser. Um sich dauerhaft an der Spitze des Staates halten zu können, ist die Unterstützung durch das Militär für die Kaiser unabdingbar.

Der Bedarf an Rekruten ist aufgrund der ständigen kriegerischen Konflikte immens. Gerne werden in das römische Heer auch Krieger von außerhalb des Reiches integriert, mit fortschreitender Zeit in immer größeren Gruppen und mit eigenen Anführern. Sie sind kostengünstiger als reguläre römische Soldaten und daher attraktiv. Doch je wichtiger diese Söldnergruppen werden, desto eigenständiger agieren sie auch, die Kaiser verlieren an Kontrolle.

Während sich die römischen Kaiser auf die internen Bürgerkriege konzentrieren, werden andere Entwicklungen außerhalb des Reiches spürbar, die traditionell unter dem Begriff „Völkerwanderung“ gefasst werden. In der Ausstellung liegt ein besonderer Fokus auf der Einbindung dieser Ereignisse und Prozesse in ihren historischen Zusammenhang. So wird der Blick auch auf die über Jahrhunderte gewachsenen, facettenreichen und wechselvollen Beziehungen zwischen Römern und „Barbaren“ gelenkt: Friedlicher Austausch in Form von Handel, Wissenstransfer, diplomatischen Kontakten, aber auch Beutezüge ins Römische Imperium prägen das Zusammenleben. Ein gesellschaftlicher Wandel im „Barbaricum“ wird neben klimatischen Veränderungen und dem Vordringen steppennomadischer Reitervölker als Auslöser für die zunehmende Mobilität verschiedener Gruppen außerhalb des Imperiums diskutiert, die den Druck auf die Grenzen des Imperiums erhöhen.

Die Einbindung neuester Forschungsergebnisse dient auch dem Umgang mit den von den Römern mit Begriffen wie „Hunnen“, „Goten“ und „Franken“ bezeichneten Gruppen, die nicht als Völker im heutigen Sinne zu verstehen sind. Vielmehr handelt es sich bei den Beteiligten um Interessengemeinschaften, die in gemischter Zusammensetzung und aus unterschiedlichsten Beweggründen und Zielen mit dem Römischen Reich in Kontakt und auch in Konflikt treten.

Chaos und neue Mächte

Die am 24. August 410 unter der Führung von Alarich stattfindende Plünderung Roms bewirkt, dass der Mythos vom unbesiegbaren Rom endgültig gebrochen wird. Alarich und seine Krieger plündern die Stadt drei Tage lang und erschüttern dadurch das römische Selbstbewusstsein zutiefst.

Auch das bereits angeschlagene Ansehen des Kaisers leidet unter diesem Ereignis, war er doch nicht einmal in der Lage, die Ewige Stadt zu schützen. Römische Generäle gewinnen hingegen weiter an Einfluss und Befugnissen. Nach der Ermordung Valentinians III. im Jahr 455 und dem damit besiegelten Ende der kaiserlichen Familiendynastie im Westen haben die Heermeister endgültig die Zügel in der Hand, während ihnen kurzlebige Schattenkaiser als Marionetten dienen.

Zeitgleich zur schwindenden Autorität des Kaisers und den schrumpfenden Ressourcen des Imperiums wächst die Anzahl regionaler Anführer und ihrer Einflussgebiete. „Warlords“ nutzen im fortgeschrittenen 5. Jahrhundert die staatliche Schwäche und verschieben die Machtbalance zu ihren Gunsten – die Verhältnisse werden immer chaotischer, etliche Gebiete gehen Westrom verloren. Von den hieraus folgenden finanziellen Einbußen erholt sich das Weströmische Reich nicht mehr. Die unter faktisch neuer Herrschaft stehenden Provinzen leiden allerdings nicht zwangsläufig unter den neuen Verhältnissen. So florieren beispielsweise die von der vandalisch-alanischen Streitmacht besetzten Teile Nordafrikas ohne erkennbaren Bruch weiter.

Neben militärisch-weltlichen Autoritäten, die um Macht buhlen, gewinnt auch die christliche Kirche zunehmend an Bedeutung. Dem Vorbild des Kaisers folgend, schließen sich immer mehr Menschen dem christlichen Glauben an. Durch die kaiserliche Förderung der kirchlichen Ämter und das um sich greifende Machtvakuum in weltlichen Positionen wächst zudem der politische Einfluss der Kirche. So trägt der Aufschwung des Christentums zwar nicht direkt zum Untergang des Römischen Reiches bei, aber die Kirche profitiert als Institution vom strukturschwachen Reich und übernimmt ordnende Funktionen. Sie wird so zum wichtigsten Bewahrer römischer kultureller Errungenschaften. Eine detaillierte Betrachtung des Christentums bietet der Ausstellungsteil im Museum am Dom unter dem Titel „Im Zeichen des Kreuzes – Eine Welt ordnet sich neu“.

Der Untergang und das Erbe

Gegen Ende der Ausstellung im Rheinischen Landesmuseum fällt der Blick auf das zerbrochene Imperium. An ausgewählten Beispielen wird gezeigt, wie unterschiedlich sich das Leben in den verschiedenen Teilen des (ehemaligen) Weströmischen Reiches entwickelt. Zentrale Fragen lauten: Was wird in römischer Tradition fortgeführt? Was wird an neue Strukturen angepasst und dadurch verändert? Welche Errungenschaften und „typisch“ römischen Elemente verschwinden? Eine Rauminstallation veranschaulicht darüber hinaus am Beispiel der ehemaligen Residenzstadt Trier Niedergang, Wandel und Kontinuität.

Im Jahr 476 setzt Odoaker, Anführer eines meuternden Truppenverbandes, den letzten Kaiser Romulus Augustulus gewaltsam ab, einen Nachfolger ernennt er nicht. Vielmehr übersendet er die kaiserlichen Insignien dem oströmischen Kaiser in Konstantinopel. Die Symbolik der Tat ist nicht zu verkennen: Ein Kaiser wird in Westrom nicht mehr benötigt.

Für die komplexen Entwicklungen des Untergangsprozesses bezeichnend ist jedoch, dass Kaiserhof, Senat und Verwaltungsstrukturen von der Absetzung des Kaisers unberührt bleiben und ihre Arbeit noch Jahrzehnte fortsetzen. Erst nach der blutigen Rückeroberung Italiens durch den oströmischen Kaiser Justinian löst dieser die weströmischen Institutionen im Jahr 554 auf.

Als Fazit bleibt: Das Römische Reich ging nicht punktuell und aus einem einzelnen bestimmbaren Grund unter. Zahlreiche Prozesse, Verwicklungen und Faktoren tragen zum langen Ende des Westreiches bei.

Wie das Römische Imperium und sein Untergang in den folgenden Jahrhunderten bis in die Gegenwart rezipiert wurde, zeigt das Stadtmuseum Simeonstift in „Das Erbe Roms. Visionen und Mythen in der Kunst“.

(MK)