Noch eine römische Kelter an der Mittelmosel?

Grabung an der Eulenlay

Autor: Michael Kuhn

Winzer Thomas Kaufmann vermutet eine römische Weinkelter zwischen seinen Weinbergen an der Mittelmosel.
Geographisch liegt das Gelände nur wenige Kilometer von der Kelteranlage in Erden entfernt.
Zusammen mit dem Trierer Landesmuseum und einer kleinen Grabungsmannschaft unter Leitung von Archäologin Dr. Tanja Baumgart wurde ein ca. 30 Meter langer Suchgraben ausgehoben.


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Es knirschte, als sich die Schaufel des Baggers in den Boden wühlte und eine erste Ladung von mit Schieferstücken versetzten Humusboden zur Seite ablegte. Die Augen der Archäologen und Grabungshelfer starrten gebannt in das wachsende Loch des abgesteckten Suchgrabens. War da nicht schon ein Stück Mauerwerk?

Der Bagger fuhr die Schaufel soweit zur Seite, dass ein mit einer Kelle bewaffneter Grabungsarbeiter hinabsteigen und den vermeintlichen Fund untersuchen konnte. „Und?“, wurde er neugierig von allen Anwesenden gefragt. „Nichts“, lautete die knappe Antwort. „Kein Mörtel und auch kein Trockenmauerwerk. Nur stark verdichteter Boden aus Lehm und Schiefersteinen.“

„Wir sind auch noch nicht tief genug“, warf die Archäologin und Grabungsleiterin ein. „Ich rechne erst ab 60-80 cm mit den ersten Funden. Das ist auch noch kein gewachsener Boden. Alles verfülltes Material, um den Weinberg zu begradigen.“

Verlassen wir die spannende Szenerie und werfen einen Blick auf die Vorgeschichte der aktuellen Grabungskampagne.

Thomas Kaufmann, Winzer und begeisterter Hobbyhistoriker und Altertumsfreund aus Kröv an der Mittelmosel, nahm bereits im Frühjahr 2020 Kontakt zum Förderverein Römerkelter Erden e.V. auf. Ihm waren in einem seiner Weinberge Anomalien aufgefallen, die den Verdacht auf eine weitere Römerkelter nährten. Es wurde ein erstes Treffen mit Michael Kuhn M.A. vereinbart, der seinerzeit die zweite Grabung an der östlichen Römerkelter in Erden initiiert und durchgeführt hatte.

Ein Ortstermin an der Ortsgrenze von Lösnich nach Kröv brachte einige Sandsteintrümmerteile zum Vorschein, von denen einige auf Grund ihrer typischen Scharrierung römisch bearbeitet sein konnten. Ansonsten fand sich noch das Bruchstück eines römischen Leistenziegels (Tegula). Es waren jedoch nicht diese wenig spektakulären und spärlichen Fundstücke, die das Interesse weckten. Da war zum einen die Lage der vermuteten Kelter unter einer Felskanzel, die Abbauspuren aufweist und wohl als Steinbruch genutzt wurde. Gut denkbar, dass die gebrochenen Schieferplatten wie in Erden zum Bau einer Kelter verwendet wurden. Des Weiteren entsprach die Lage über dem Moselufer exakt der Höhe der römischen Keltern von Erden nur 3 KM Flussaufwärts. Diese Entfernung entspricht ebenfalls der Entfernung der Erdener Keltern zur Kelter bei Ürzig. Von der vermuteten Fundstelle zur nächsten Kelter bei Wolf sind es ebenfalls ca. 3 KM. Kein Beweis, aber vielleicht ein Hinweis auf die damals üblichen Bewirtschaftungsgrenzen. Am auffälligsten waren aber vor Ort die unterschiedlichen Wuchshöhen der Reben, was als ein Hinweis auf darunter liegendes Mauerwerk interpretiert werden konnte. Obwohl keiner der angeführten Gründe für sich einen eindeutigen Beweis für eine im Boden verborgene Kelter darstellte, verblüffte die Fülle der „Indizien“.

Einige Wochen später gab es einen zweiten Ortstermin unter Teilnahme der GDKE, Landesmuseum Trier. Die Fülle der Hinweise überzeugten die Verantwortlichen davon, der Sache insoweit nachzugehen, als das eine klärende Grabung Gewissheit verschaffen sollte. Man einigte sich schließlich auf die Anlage eines 30 Meter langen und ca. 1 Meter tiefen Suchgrabens parallel zum Hang.

Es dauerte nicht lange, bis die erforderlichen Genehmigungen erteilt waren, so dass eine Grabung für den Spätherbst terminiert werden konnte. Leider machte „Corona“ einen Strich durch die Rechnung, worauf ein neuerlicher Termin für Anfang März 2021 vereinbart wurde.

Das zur Durchführung der Arbeiten notwendige Grabungsteam war schnell zusammengestellt. Neben der Archäologin Dr. Tanja Baumgart, die wie bei der zweiten Erdener Keltergrabung die offizielle Grabungsleitung ausübte, vervollständigten der Historiker Michael Kuhn M.A., Tim Schneider, der Winzer Thomas Kaufmann und ein weiterer Helfer aus Kröv die Grabungsmannschaft.

Im Vergleich zur Planung ist der Ablauf der Grabung schnell erzählt. Trotz der allergrößten Sorgfalt und Gründlichkeit aller Beteiligten stellten sich weder Funde noch Befunde ein. Selbst die ansonsten üblichen Streufunde blieben aus. Es stellte sich heraus, dass relativ kurz unter der Oberfläche eine Schwemmschicht (Schluff, Kieselsteine und Schieferstücke) folgte, deren Ende bei ca. 1,20 Meter noch nicht erreicht war. Alles Material, was die Mosel während Jahrtausenden im Uferbereich abgelagert hatte. Ab einer Eingriffstiefe von einem Meter war auch nicht mehr mit etwaigen Gebäuderesten zu rechnen. Man befand sich im Grundwasserbereich, der auch zur Römerzeit ähnlich hoch gewesen sein durfte. Nachdem der Graben auf einer Länge von 30 Metern ausgehoben und sorgfältig dokumentiert war (Fotos, Zeichnungen und Beschreibung), wurde er am dritten Tag der Grabung nach der Begutachtung durch das Landesmuseum aus Sicherheitsgründen wieder verfüllt.

Die spannendste Begebenheit der Grabungskampagne war noch die Flucht und der darauffolgende Absturz einer Drohne, die zur Erstellung von Luftbildern der Grabung eingesetzt worden war. Glücklicherweise konnte man ihren Ausflug anhand der übermittelten Bilder nachvollziehen und das Fluggerät zwar etwas ramponiert, aber durchaus noch gebrauchsfähig, wiederfinden.

Um die Zeit zu nutzen – es war für die Grabung eine komplette Woche veranschlagt worden – wurden an den nächsten Tagen noch Feldprospektionen in der näheren Umgebung von Kröv und der Besuch einer römischen Wassermühle im Lösnicher Hinterwald durchgeführt. Besonders das Areal um die Vorgängerkirche von Kröv, das von vielen Einheimischen wegen des Schutthügels der abgebrochenen Kirche als das Troja der Mittelmosel bezeichnet wird, versprach einiges. Es kamen viel Ziegelmaterial und Keramikreste zusammen, was das Vorhandensein römischer Siedlungsreste unterstreicht. Gerade die Thematik um „Alt St. Peter“ mit der darunter schlummernden römischen Vergangenheit ist an dieser Stelle einen weiteren Artikel wert.

Leider waren die Hoffnungen auf das Auffinden einer weiteren Weinkelter nicht von Erfolg gekrönt. Aber wie heißt es so schön in der Archäologie: Kein Fund ist auch ein Ergebnis. Vielleicht ergibt sich ja bald wieder die Gelegenheit, die Suche nach einer weiteren Weinkelter erfolgreicher zu gestalten.