Erfüllen Sie sich einen Kindheitstraum

Ehrenamtliche Grabungshelferinnen und Grabungshelfer gesucht

Gemeinsam Ausgraben im Rheinischen Revier: Archäologische Befunde in Bochheim. Bildrechte: Grabungsfirma Arthemus.

Autor: Michael Kuhn

Wer hat nicht schon einmal davon geträumt, den Spaten anzusetzen und dem Erdboden die Geheimnisse der Vergangenheit zu entreißen. Diese Möglichkeit möchten wir heute allen unseren Lesern anieten, die Zeit und die dafür notwendieg Konstitution mitbringen. Trauen Sie sich und helfen Sie mit!


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Es werden ehrenamtliche Grabungshelfer gesucht, die uns helfen und unterstützen möchten. Wir, das sind das Team von „extempore e.V., die Heimatfreunde Stadt Kerpen e.V., die Stadt Kerpen, und die LVR-Außenstelle Titz des Rheinischen Amtes für Bodendenkmalpflege.

Es geht um das letzte Dorf, das in unserer Region dem Tagebau weichen muss. Es werden deshalb die größten Anstrengungen unternommen, dieses wertvolle Erbe nach Möglichkeit wenigstens archäologisch zu dokumentieren, um es damit der Nachwelt zu erhalten.

Es wird jede helfende Hand gebraucht, die uns darin unterstützt die Relikte unserer Vergangenheit zu retten. Wer nach Absprache mindestens vier Tage oder auch gerne länger mit uns ausgraben möchte, ist herzlich willkommen. Erfüllen Sie sich einen Kindheitstraum und neben Sie aktiv an einer Ausgrabung teil. Dazu zählen unter der Anleitung einer archäologischen Fachfirma (Arthemus) u.a. die Begleitung des Baggers, das Ausgraben mit Spaten, Kelle und Pinsel, das Zeichnen von Befunden sowie das Entdecken und Reinigen der Fundstücke.

Nähere Informationen und die Möglichkeiten der Kontaktaufnahme entnehmen sie bitte den anschließenden Informationen.

Drohnenaufnahme mit Keller von Großbochheim (1), verfüllten Brunnen (2), Wallgrabenanlage (3). Bildrechte: Mach.

Ausgrabungen im Rheinischen Revier für alle Interessierten

Die fesselnde Geschichte unserer Region wird im Rheinischen Revier Tag für Tag im Zuge des Braunkohleabbaus entdeckt, aber auch zerstört: Unsere bisher unsichtbaren, da im Bodenarchiv verborgenen Wurzeln gilt es durch archäologische Dokumentation für unsere Allgemeinheit und unsere rheinische Geschichte zu erhalten. Die Heimatfreunde Stadt Kerpen e.V. erhalten das lokale kulturelle Erbe als gemeinsamen vergangenen Bezugspunkt durch Ausgrabung, Dokumentation und öffentlichkeitswirksame Präsentation für die Zukunft.

Alle können uns dabei auf archäologischen Ausgrabungen in Kerpen-Manheim mithelfen!

Die Ausgrabungen in Kerpen-Manheim haben einen Alleinstellungsfaktor. Es handelt sich um die letzte Chance die Dorfgenese Westdeutschlands anhand eines umgesiedelten Ortes zu verstehen: Schließlich ist es nach vielen dutzenden rheinischen Siedlungen das letzte Dorf, welches einem Tagebau weichen muss. Die fesselnde Geschichte unserer Region wird im Rheinischen Revier Tag für Tag im Zuge des Braunkohleabbaus entdeckt, aber auch zerstört: Unsere bisher unsichtbaren, da im archäologischen Bodenarchiv verborgenen Wurzeln gilt es durch Dokumentation für die Allgemeinheit und unsere Geschichte im Rheinland zu erhalten. Unter keiner anderen Ortschaft könnte großflächig ausgegraben werden, da diese weiterhin bestehen bleiben.

Getragen von ehrenamtlichem und professionellem Engagement erhalten die Heimatfreunde Stadt Kerpen e.V. das lokale kulturelle Erbe als gemeinsamen vergangenen Bezugspunkt durch Ausgrabung, Dokumentation und öffentlichkeitswirksame Präsentation für die Zukunft. Alle können uns dabei – unter professioneller Anleitung – auf einer archäologischen Ausgrabung mithelfen! Der hohe Wissenszuwachs hinsichtlich der lokalen Kulturgeschichte ist nur innerhalb des genehmigten Braunkohletagebaus möglich und herausragend, da in keiner anderen Region in Nordrhein-Westfalen Ortschaften komplett zurückgebaut werden. Die Baudenkmäler Manheims reichen nur bis in das 19. Jahrhundert zurück. Doch die erste Erwähnung Manheims stammt aus dem 9. Jahrhundert. Von diesen weit über 1000 Jahren kann uns – neben einigen historischen Quellen – nur die Archäologie berichten. Besonders herausragend sind neben einer Wallfahrtskirche zwei Adelssitze sowie ein freistehender klösterlicher Hof. Sie sind allesamt bedeutend für die Menschheitsgeschichte, im Besonderen aus heimatgeschichtlichen Gründen. Ihre Dokumentation und Präsentation gewährt Nachhaltigkeit.

Die Ausgrabungen finden statt im Rahmen des Projekts „Gemeinsam die Geschichte Kerpen-Manheims und Bochheims entdecken: Gegensätzliche Genesen von Heimat zwischen Mittelalter und Moderne am Beispiel von zwei benachbarten rheinischen “-heim”-Siedlungen“. Es wird im Rahmen der Förderschiene Heimat-Zeugnis seitens des Ministeriums für HeimatKommunalesBau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.

Die unsichtbaren Wurzeln Manheims

Die zuletzt bestehende Ortschaft Kerpen-Manheim (Abb. 1) ist geprägt von Bauten des 19. und 20. Jahrhunderts, darunter einige stattliche Baudenkmäler. Doch die erste Erwähnung Manheims stammt aus dem 9. Jahrhundert. Zudem weisen die Namensendungen –heim von Manheim und Bochheim auf eine Gründung in eine noch ältere Zeit der Merowinger (6.-8. Jahrhundert).

In nächster Zukunft sind Ausgrabungen in einem mittelalterlichen Rittersitz geplant, der sich seit dem 14. Jahrhundert im Besitz des Kölner Antoniterordens befand. Während Mittelalter und früher Neuzeit prägten solche große landwirtschaftliche Höfe die lokale Gesellschaft. Erst durch Auswertung von unpublizierten bildlichen und schriftlichen Quellen gelang jüngst ihre Lokalisierung, aus dem Ortsbild sind diese baulich jedoch seit langem verschwunden. Neben der dürftigen historischen Überlieferung kann daher vor allem anhand der Archäologie ein Lebensbild zu diesen Höfen entwickelt werden, die über Jahrhunderte die Identität des landwirtschaftlich ausgerichteten Manheims wesentlich mitbestimmten. Kulminationspunkt regionaler Identität war die 1356 erstmals erwähnte Wallfahrtskirche St. Albanus und St. Leonhardus (Abb. 1). Die Wallfahrt und die Kirmes am Leonharditag, dem 6. November, fand bis in die 1990er Jahre statt und zog bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts zahlreiche Pilger aus der gesamten Region an. Von der Kirche des 15.-17. Jahrhunderts, die bis um 1900 stand, erhielt sich nur eine kleine Handskizze. Die heutige neugotische Kirche, eines der eingetragenen Baudenkmäler, soll auf Wunsch der Stadt Kerpen und der Landesregierung stehen bleiben. Abhängig von den weiteren Entscheidungen im Braunkohlenplanverfahren ist die Notwendigkeit einer Ausgrabung gegeben oder ein Schutz von Bau- und Bodendenkmal möglich.

Ausgegraben wird derzeit der bis heute durch Gräben umwehrte und 1138 erstmals erwähnte Hof Bochheim – ein eingetragenes Bodendenkmal (Abb. 2 und 3). Über den lokalen Lebensalltag und die dortigen Bauten, die sich (wie der Hof bei der Kirche) Jahrhunderte im Besitz des Klosters Altenberg befanden, legt nun erstmals die Archäologie Zeugnis ab. So erschließen sich den Entdeckern bereits ausgegrabene Öfen, Hausgrundrisse sowie eine mittelalterliche Grabenanlage. Eine Teilnahme bei den archäologischen Ausgrabungen in Bochheim (Abb. 5) ist noch möglich.

Diese allerwichtigsten archäologischen Stätten Manheims werden durch umfassende Ausgrabungen dokumentiert. Ehrenamtliches Engagement aus dem Kreis der Heimatfreunde Stadt Kerpen e.V. und der breiteren Öffentlichkeit wird bei dieser professionell seitens der Grabungsfirma Arthemus geleiteten Ausgrabung gebündelt und fokussiert.

Ausgrabungen für alle Interessierte

Viele Ehrenamtliche konnten sich bereits bei der flächigen Sichtung der Keller Manheims, universitären Mikrosondagen (Schreg/Petersen 2021) und Begehungen beteiligen. Die Ausgrabungen in den archäologisch wichtigen Kernzonen erfolgen in enger Abstimmung mit dem fachlich zuständigen LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland sowie der RWE und werden einen detaillierteren Aufschluss der bedeutendsten Bodendenkmäler erlauben. Während der Projektlaufzeit bis 2025 wird der interessierten Öffentlichkeit immer wieder die Möglichkeit gegeben, aktiv und unmittelbar an der Ausgrabung teilzuhaben, dabei das technische Vorgehen bei archäologischen Ausgrabungen kennenzulernen und gemeinsam mit den Archäologen Geschichte zu schreiben. Zu den Tätigkeiten gehören die Begleitung des Baggers; das Ausgraben mit Spaten, Kelle und Pinsel; das Zeichnen von Befunden sowie Entdecken, Bergen und Reinigen von Funden sowie vieles andere mehr. Die Ausführung der Grabungen durch die vom Verein beauftragte Fachfirma Arthemus zur Durchführung archäologischer Maßnahmen (Wissenschaftler, Grabungstechniker sowie Grabungsarbeiter) gewährleisten dabei eine professionelle Betreuung des zivilgesellschaftlichen Engagements aus den Reihen der interessierten Öffentlichkeit. Der vielfach geäußerte und lange gehegte Traum einer Ausgrabungsbeteiligung kann somit vor der rheinischen Haustür verwirklicht werden.

Heimat entdecken und Wissen schaffen

Das Projekt der Heimatfreunde liefert einen Beitrag zu den aktuellen Bemühungen um Citizen Science, indem wir Mehrwert für die Wissenschaft schaffen, aber auch dem Bedürfnis und dem Anspruch der Öffentlichkeit gerecht werden, sich selbst mit ihrem kulturellen Erbe auseinanderzusetzen. Das Projekt bietet der interessierten Öffentlichkeit nicht nur die Möglichkeit, selbst an archäologischen Grabungen teilzunehmen – was für viele ein Kindheitstraum darstellt: Sondern es gibt die Chance unter Anleitung von Wissenschaftlern die eigene rheinische Geschichte vor der undokumentierten Zerstörung zu retten.

Alle, die mindestens vier Tage und gerne mehr mit ausgraben möchten, dürfen sich an Susanne Harke-Schmidt wenden (Susanne.Harke-Schmidt@stadt-kerpen.de, 02237/922170, erste Vorsitzende der Heimatfreunde Stadt Kerpen e.V.). Auch Spenden für das Projekt sind willkommen.

 

Literatur

  1. Grünewald/E. Kandler, Die Keller von Kerpen-Manheim – eine Kulturerbedokumentation vor dem Abriss. Kerpener Heimatblätter 60, 2022, 191-208.
  1. Grünewald/E. Kandler, Kulturerbedokumentation von Kerpen-Manheim I: Überblick und Kellerkataster. Archäologie im Rheinland 2019 (Oppenheim 2020) 205-206.
  1. Petersen/R. Schreg, Kleine Bagger vs. großer Bagger: ein Schaufeltestsurvey zur Dorfgenese von Manheim (Stadt Kerpen, NRW) im Rheinischen Braunkohlerevier. In: A. Diener/J. Müller/M. Untermann (Hrsg.), Archäologie des Dorfes. Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit (Paderborn 2021) 147-156.

Bericht