Römerstraße nach Aachen entdeckt
Der AAA (Arbeitskreis Archäologie Aachen) schließt bedeutende Lücke der Stadtarchäologie
Autor: Michael Kuhn M.A.
Dank einer Sondierung im Rahmen einer Baumassnahme für einen Neubau der RWTH Aachen ist es dem AAA (Arbeitskreis Archäologie Aachen) gelungen, einen Abschnitt der Römerstraße von Coriovallum (Heerlen) nach Aachen freizulegen. Damit schließt sich eine weitere Forschungslücke, was den Verlauf und die Beschaffenheit der damaligen Überlandstraße betrifft.
Bei den vorbereitenden Arbeiten zum „Office West“, einem neuen Bürokomplex für die RWTH Aachen im Süsterfeld südlich des Pariser Rings und westlich der Süsterfeldstraße stießen Stadtarchäologe Andreas Schaub und seine freiwilligen Helfer vom AAA (Archäologischer Arbeitskreis Aachen) auf die hier vermuteten Überreste einer römischen Überlandstraße. Bis zu sechs Helfer waren ehrenamtlich damit beschäftigt, Erde und Schlamm wegzuschaffen, das stetig nachlaufende Grundwasser abzuschöpfen und die verschiedenen Erdschichten erfolgreich nach Funden zu durchsuchen.
Das Grabungsareal befindet sich im unmittelbaren Umfeld einer seit über 40 Jahren bekannten römischen Siedlung. Diese ist als “römische Villa Süsterfeld” in der Liste der Aachener Bodendenkmäler eingetragen. Der Stadtarchäologe Andreas Schaub vermutete schon länger, dass es sich weniger um eine landwirtschaftliche Anlage (Villa rustica), sondern mehr um eine Art Straßenstation handeln muss. Bekannt sind auf einer Siedlungsfläche von annähernd 10 Hektar zusätzlich ein Badegebäude, Spuren weiterer Steinbauten, Öfen, ein Brunnen, Gruben und ein Sarkophag mit reichen Beigaben.
Ein erster Sondageschnitt legte exakt die Mitte der hier erwarteten römischen Straße in einer Breite von 2,50 Meter frei. Deutlich haben sich Karrenspuren in der Kiespackung der Fahrbahndecke erhalten. Leider konnte wegen der Eingriffstiefe von mehr als 2 Metern die Straße lediglich in einer Breite von 2,50 Meter untersucht werden. Mehr war aus sicherheitstechnischen Aspekten nicht möglich.
Deutlich sind die eingetieften Karrenspuren des römischen Straßenkörpers zu erkennen. Weitere Steinpackungen späterer Straßen sind in der der seitlichen Grubenbegrenzung im Schnitt auszumachen.
Foto mit freundlicher Genehmigung von Andreas Schaub (Stadtarchäologie Aachen).
Obwohl mit Funden kaum zu rechnen war, kamen doch einige interessante Relikte der Vergangenheit ans Tageslicht. Neben römischen, mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Keramikscherben berichten Fragmente von Hufeisen und ein Feuerstahl von der wechselvollen Geschichte der Straße. Feuerstahl und Hufeisen gehören vermutlich der nachrömischen Zeit an, was belegt, dass die Trasse bis in die letzten Jahrhunderte genutzt wurde.
Hufeisen
Foto mit freundlicher Genehmigung von Andreas Schaub (Stadtarchäologie Aachen)
Feuerstahl
Foto mit freundlicher Genehmigung von Andreas Schaub (Stadtarchäologie Aachen)
Wie zeitgleich durchgeführte, baubegleitende Untersuchungen der archäologischen Fachfirma SK ArcheoConsulu (Aachen) zeigten, ist der römische Straßenkörper etwa 40 Zentimeter mächtig, und besteht überwiegend aus Feuersteinkies, Sand und kleineren Kieselsteinen. Der Befund lässt sich mit dem im Jahre 2017 aufgefundenen Teilstück der römischen Straße von Aachen nach Maastricht im Bereich der Jakobstraße am Markt vergleichen.
Mit einer Breite von ca. sechs Metern handelt es sich um eine massive Straße. Die Gesamtstraße müsste aber noch breiter gewesen sein, weil zu beiden Seiten solcher Überlandtrassen zusätzliche, unbefestigte Begleitwege angelegt wurden. Ebenfalls fehlen bisher Belege für die oft zu beiden Seiten angelegten Entwässerungsgräben. In mehr oder weniger gerader Linie lässt sich ein Zusammenhang der aufgefundenen Trasse mit dem bisher vermuteten Verlauf der Straße im Bereich der Laurensberger Straße von Vetschau nach Horbach und den sich anschließenden „Alte Heerler Weg“ bis nach Heerlen in den Niederlanden rekonstruieren.
Zwei weitere Steinpackungen stammen aus späteren Zeiten. Bis ins 19. Jahrhundert wird die Trasse in alten Dokumenten als „Süstergasse“ bezeichnet. Eine dicke Lehmschicht mit kleinen Muschelschalen über der letzten Kieslage legt den Verdacht nahe, dass das Areal einige Zeit mit Wasser geflutet war (Teich). Der Grundwasserspiegel ist dort heute noch sehr hoch, was die Grabungsmaßnahme stark erschwerte.
Ein weiterer Sondageschnitt ein Stück weiter westlich erbrachte überraschenderweise einige Gruben, deren spärliche Funde auf eine bis dato völlig unbekannte Siedlung des 12. bis 15. Jahrhundert schließen lassen.
Bei genauer Betrachtung sind die Verfärbungen der angezeichneten Gruben zu erkennen.
Foto mit freundlicher Genehmigung von Andreas Schaub (Stadtarchäologie Aachen)
Letzte Fragen werden sicherlich erst dann beantwortet werden können, wenn die noch anstehenden Arbeiten erledigt sind (Fundbearbeitung und Dokumentation). Vielleicht erwartet uns noch die eine oder andere Überraschung
Es bleibt jedenfalls zu hoffen, dass die anstehende Baumaßnahme die römische Trassenführung berücksichtigt und das Bodendenkmal weitgehend erhalten bleibt.
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