Steinraub auf Bestellung

Was den „Grand Canal du Nord“ mit einem Kloster verbindet

Die erhaltene Chorruine

Autor: Michael Kuhn M.A.

Die Jahrtausende alte Praxis, Baumaterialien durch den Abriss bestehender Bauten zu gewinnen, hat manche kulturhistorische Katastrophe zu verantworten. Deshalb ist es so wertvoll, dass es der Wissenschaft zusehends gelingt, die Sünden der Vergangenheit offenzulegen und Verlorenes zu rekonstruieren.


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Das Kloster Heisterbach war eine Zisterzienser-Abtei im Siebengebirge. Mit der Säkularisation wurde die Abtei im Jahre 1803 aufgehoben. Die für die Anlage zuständige Bergische Landesregierung versuchte in den Folgejahren vergeblich, das Kloster an einen Interessenten zu veräußern.

Schließlich fand man im Jahre 1809 doch noch einen Käufer. Es handelte sich um einen französischen Unternehmer, der das Anwesen zum Zweck des Abbruchs und anschließendem Verkauf der verwertbaren Steine erwarb. Die übrigen Gebäude gingen in den Besitz eines Kölner Konsortiums über.

Es waren vor allem zwei aktuelle Großbaustellen, die damals einen großen Bedarf an Steinquadern hatten. In erster Linie finden sich Steine aus dem Kloster in den Anlagen des „Grand Canal du Nord“ (Napoleonskanal) zwischen Venlo und Neuss. Vor allem in der Schleuse von Luisenburg (Straelen-Herongen) sind Mauerquader aus Heisterbach als Eckbefestigung verbaut worden.

Deutlich heben sich die Quader vom Ziegelmauerwerk der Schleusenanlage ab.

Desgleichen beim Epanchoir in Neuss

Weiterhin findet sich Steinmaterial des Klosters in den baulichen Erweiterungen der Festung Ehrenbreitstein oberhalb von Koblenz. In der kurzen Phase vom Beginn der Neubauarbeiten an der inzwischen preussischen Festung (1816) bis zur Einstellung der Abbrucharbeiten in Heisterbach (1818) wurde jedoch nur noch wenige Steine aus dem Kloster verwandt.

Mauerdetail der Chorruine mit Abbauspuren

Wie bereits erwähnt wurde im Jahre 1818 dem Steinraub ein Ende gesetzt. Der Oberpräsident der jetzt preußischen Rheinprovinz verfügte ein Verbot weiterer Sprengungen und Abbrüche. !820 wurde das Gelände des Klosters durch Graf Wilhelm Ernst zu Lippe-Biesterfeld aufgekauft, der rund um die romantische Chorruine einen Landschaftsgarten anlegen ließ. Ein Besuch des ehemaligen Klosters mit seiner vorzüglichen Gastronomie und vielfältigen Veranstaltungen und Ausstellungen ist sehr zu empfehlen.